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Mein innigstgeliebtes Purzeltagskinderl1!
Brünn, den 30. VII. 1939
Das weißt du doch und fühlst es sicherlich auch immer, daß meine Seele
bei dir dort ist. Doch heute, an deinem glücklichsten Tage für mich, drücke
ich dich an mein sehnsüchtiges Herz. Hoffentlich bist du nur recht glücklich
und gesund und zufrieden mit der schweren Bürde, welche du freiwillig
und heldenhaft auf dich genommen hast. Ich bin sehr stolz auf dich, meine
ideale Zionsstreiterin und wäre ein Großteil unserer weiblichen
Jugend so wie du, dann brauche unserem Volke nicht bange zu sein
um seine Zukunft…
Aber nicht nur ich allein bin stolz und glücklich mit so einem herrlichen
und wertvollen Kinde, sondern auch deine zukünftige Mama.
Ich habe dir doch schon erwähnt, daß ich Frau Fritzi Fränkel innig liebe
und ich auch tiefe Gegenliebe gefunden habe. Im nächsten Briefe werde ich
dir alles genau berichten und auch ein Lichtbild senden. Heute möchte ich nur
kurz erwähnen, daß ich keine glücklichere Wahl hätte treffen können.
Die Großeltern waren Kinder des bekannten Landesrabbiners von Mähren,
Markus Gansl, und ist auch meine Braut eine fromme und echte Jüdin
und Zionistin. Aber sie ist auch eine edle, stolze und intelligente Jüdin,
das sagt alles. Auch ist meine Zukünftige eine vornehme, äußerst
tüchtige Hausfrau, erstklassige Wirtin und Weißnäherin, Modistin,
Geschäftsfrau, überaus fleißig – und trotz aller dieser und noch vieler anderer Tugenden eine bescheidene und völlig anspruchsvolle Frau.
Diese herrliche Jüdin hat schon sehr viel geleistet für unglückliche Brüder und Schwestern und hat sie leider auch sehr viel schon mitgemacht, nachdem
ihr braver Mann, im besten Mannesalter dahinwelkte und starb. Seit
drei Jahren ist die Arme Witwe, nachdem sie ein halbes Jahr vorher
aufopferungsvoll, Tag und Nacht, ihren unglücklichen Mann
betreute und pflegte. Auch verlor sie ihre herrliche Schwester im besten
Alter. Meine Fritzi ist auch das seltenste Kind zu ihren greisen und recht
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braven Eltern. – Kannst auch überzeugt sein, daß meine Frau euch
allen eine herrliche Mutter sein wird. Schon jetzt sind meine Kinder
ihre Kinder. – Nur schade, daß Berthuschka etwas vorlaut und undiszipliniert
ist. Aber ich hoffe, daß auch sie mit der Zeit Vernunft annehmen wird und dieses seltene
‘Glück,’ so einen edlen und selbstlosen Menschen Mutter nennen zu
dürfen, wird schätzen können. Du wirst es sicher verstehen und auch unsere reizende
Lußinka2 weiß es zu schätzen. Also hoffentlich bist du ob dieser Nachricht recht
glücklich und besonders deshalb, weil dein Vater, dein treuer, dich ewig liebender
Freund und Vater, so glücklich geworden ist. Viele recht feste Pussi3
von deinem Papsi4!
Mein liebes, grosses Mäderl5, benütze die heutige Gelegenheit
und gratuliere Dir zu Deinem bevorstehenden „Purzeltag“ allerinnigst,
indem ich Dir gleichzeitig als zukünftige Mama
nähertrete. Hoffentlich wird sich früher oder später die
Gelegenheit bieten, dass wir uns persönlich kennen
lernen. Vorläufig müssen wir uns mit Deinen w[…]ch
spärlich einlangenden Briefen begnügen, die
ich mit grossem Interesse lese. Bleibe recht gesund,
liebes Kind, schreibe uns bald und ausführlich, sei innigst geküsst, von
Deiner Brünner Mutti.
P.S. Ich muß dir noch mitteilen, was der liebe
Vati sagt, ist teures Emes6! Ich bin ganz
derselben Ansicht! Die liebe Mutti ist eine reizende
Dame! 1000 Küsse Deine Schwester
Anny.
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