[Brief von Siegmund Jellinek]
Wien, am 11. August 1939
ob Eurer so lieben Zeilen Euch
entnehmen kann, daß Ihr nun
schönes Heim gefunden habt,
Alles u. Jedes so traut an
uns Alle denkt, welches
Ihr auch speziell von mir empfinden dürftet; es vergeht
kaum ein Tag, ja keine
Stunde, wo ich Euch im
Geist in unmittelbarer Nähe
um mich und uns Allen
vor Augen sehe und angeregt (aufgeregt will ich nicht sagen) ./.
mit Euch plaudere; ja sogar im Traum habe ich Euch und liebe Michala [sic] gesehen – nur aber war es leider nur ein Traum. Will aber hoffen, daß mein Traum Wahrheit werden wird und im Vertrauen und seine allwaltende Gerechtigkeit will ich der Hoffnung entgegen sehen, das ich diese Zeit noch erleben werde. Betreffs Deiner Mitteilung lieber Karl, hast Du die vorherige Berocho außer Acht gelassen, die da lautet:
[2 Zeilen hebräisch]
Hernach das “Shehecheyanu” Dieser Segensspruch möge auch in Eurer Seele die Befestigung in Eurem Gottvertrauen stets stärken und stählen, wie Gott zum Gruße!
[Randbemerkung:] es wünscht und vermerkt Euer Euch stets wohlgesinnter Vater. Denn unsere Weisen sagen: “Eine frohe Botschaft macht fette Beine
[Brief von Berta Schafer Jellinek]
Meine Lieben! Euer Schreiben hat mich sehr gefreut weil ich daraus ersehen habe, daß sich Eure Lage Gott sei Dank sich gebessert hat. Es soll nur immer Beßer werden wieder. Hoffentlich was wirst Du mein geliebter Karl einen Posten bekommen der Deiner Bildung pazenndt [sic] ist. Mit Geduld u Ausdauer geht Alles. Nur das Das Unglück von Deinem Bruder Max krängte mich sehr – daß freut mich sehr, daß Du so Edelmühtig [sic] bist u teilst mit Max.
Welches die Neimans die Verwandte von Martha mitbringen, wenn sie noch mitnehmen so geben wir noch ein Bild dazu - - - - damit Ihr u Max sich freuen wirst. Die Zigaretten werden Euch Gott sei Dank gut schmecken. Die liebe Anna aus Sidnee ist sehr braf [sic] u gut, hat ihne schon einigemahle ge schickt, trotzdem sie leider kein Geschäft hat u Mieron kaum zum leben verdient spart sich Anna vom Munde ab u unterstützt den armen Bruder. Ich u der l. [liebe] Vater sorgen uns sehr um den Max. - - - Wir haben eine große Freude daß Ihr den
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Sigfried ein Evidevet [sic][Affidavit = eidesstattliche Erklärung] sendet. Die Martha u Sigfried werden sich sehr gut in Amerika ernähren. Überhaupt haben sie Euch mit Eure Erfahrungen dort. Martha hat noch Kleidernähen u Damen Hüte noch jetzt dazu gelernt. Mit so viel Provisionen können sich doch wunder bar in Amerika ernähren. Mir währe lieber gewesen, man hätte den Erich nach Palästina geschickt; er hat jetzt Aussicht gehabt, denn so ein verhätscheltes Kind ist beßer wenn es ein paar Jahre in der Fremde ist. Das freut mich, wenn mein geliebtes Enkelkind so gut zunimmt u so ein schönes von Aller Welt geliebtes Kind ist, sie soll nur immer glück u gesund sein zu Eurer u unserer Freude. Wie geht es Dir, meine l. Karla, mir ist immer die letzten Monate der Schwangerschaft immer sehr gut gegangen. Der l. Gott wird Dir schon helfen, habe nur keine Angst, das zweitemahl ist die Geburt viel leichter u geht viel beßer wie das Erste [sic] mahl Ich war mit unserem geliebten Karl auch den ganzen Sommer schwanger. Er ist auch ein Herbstkind. Deine l. Schwiegermutter kommt fast jeden Abend zu uns. Sigfried bemüht sich sehr für Sie bei der Gemeinde hat auch guten Erfolg. Morgen Samstag ist sie bei uns geladen. Ich freue mich immer wenn sie bei uns ist. Wir sind Gott sei Dank gesund, was wir auch für Euch u Euer Kind erflehen.
[Randbemerkung:] So bald auf Antwort warten Eure Euch liebende Mutter Berta Schreibet recht bald u laßet aus |
Transcribed by Magistrate Manuel Swatek, Vienna Municipal and Provincial Archives; edited by Brigitte Balkow of Sütterlinstube, Hamburg, Germany
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