May - June 1939

 

 

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                                       May - June, 1939

Liebste Giserl!
Ich bin sehr froh, daβ Du endlich geschrieben
hast, auβerdem bin ich glücklich, daβ
Du Dich ein biβl ausruhst.
Du Giserl, ich komm zu Dir. Mit Erich
durch Siegl, denn Pal. Amt ist i Herbst.
Jetz habe ich schon einen für hier gültigen
Paβ u. bald werde ich gehen zur Gestappo
um eine Ausreise n. Wien Ich bin sehr
aufgeregt, darum schreib ich mit dem [dir?]
weiter. Es geht mir jetzt wirklich besser.
denn erstens bin ich mehr eingearbeitet
u zweitens macht schon die Abschieds-
stunde! Also 2 Möglich-

[Seite 2.]
keiten. Einstweilen bin ich noch
frei. Ein Aphidevit [Affidavit] wäre mir
auch sehr angenehm. Bertl schwärmt
nur f. England.
Hansi [?] geht es blendent, er läβt
Dich in jedem Brief grüβen u.
fragt, was Du machst. Er
hat sich gefreut in eine Engl.
verliebt. Ich fühl das.
Vater kommt jeden Tag zu mir
Stell Dir vor, er ist jetzt immer
rasiert. Diese gewiβe Frau Fränke
ist eine Dame d. Gesellschaft
Sie ist ein Glück f. uns 3. Vater
schaut umberufen, Gott sei Dank



[Seite 3.]
viel besser aus. gepflegter u.
rasiert, Denk Dir nur Der Bertl
hat Sie viell ein Damen verschafft
u so kann Sie sich allein alles
zahlen Mir hat auch Gutes
getan. xxxx Bei allem Pech
haben wir ein biβerl Glück. Die
Fr. Fränkel ist eine Witwe.
Weiβt Du,ich möchte nur n. Pal.
Ich werde in Wien in eine leichte
Hachshara kommen u mit Erich
Garntern lernen. Hansi glaub
ich, wird wütend sein. Ich
turne jetzt jeden Tag in d. Früh
u wasch mich kalt d. ganzen
Körper. Ich bin sehr stark

[Seite 4.]
u. schein Dir sehr ähnlich.
Weiβt Du, die Prachtjungen, da
geht einer, der 25 j. n. Pal.
und will unbedingt Dich besuchen
Er ist begeistert v. Dir, daβ heiβt
d. Bildern. Ich habe gesagt „Es
drehen sich alle Burschen um Dich“
Da sagte Er: „Ich werde mich halt
mitdrehen!“ -- Ach, Ich möchte gerne
so hinkommen, daβ ich alles mit
nehmen kann!
Hunger habe ich Gott sei Dank
nicht mehr. Und nun Auf
bald Wiedersehen.
1000 Küsse Schick wieder Bilder
1000 Küsse v. Bertl, die
recht fleiβig verdient.

Transcribed by Ingrid Mahmens and Barbara Sommerschuh of Sütterlinstube, Hamburg, Germany.

Some parts of the original letter were very difficult to decipher because they were handwritten on both sides of a very thin piece of paper.

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